Vermietung an Feriengäste und Touristen / Wohnungsmangel
Allzu große Anforderungen an die Darlegung des Mangels dürfen nicht gestellt werden. Eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es sich handelt, zu welchen Tageszeiten, Zeitdauer und Frequenz ungefähr auftreten, ist ausreichend.
BGH, Urteil vom 29. Februar 2012 – VIII ZR 155/11
Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Mitte. Einen Teil der Wohnungen vermietet die Klägerin als Ferienwohnungen an Touristen. Die Mieter machen geltend, dass es dadurch zu erheblichen Lärm und Schmutzbelästigungen kommt. Sie minderten die Miete um 20%, weil die überwiegend jungen Touristen in den Wohnungen vorfeierten und erst spät nachts oder am frühen Morgen zurückkehrten. Dabei klingelten sie bei den Mietern regelmäßig nachts und am Wochenende drei bis vier Mal am Tag. Der Müll wurde im Treppenhaus und auf halber Kellertreppe abgestellt und die Müllcontainer sind überfüllt. Wegen des aufgelaufenen Mietrückstandes kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis und erhob Räumungsklage.
Das Amtsgericht Berlin-Mitte hat zu Gunsten der Mieter entschieden und die Klage abgewiesen. Dem gegenüber sprach das Landgericht Berlin den Mietern das Recht zur Mietminderung mit der Begründung ab, Sie hätten die Gebrauchsbeeinträchtigung nicht hinreichend dargelegt. Der Umstand, dass die Vermieterin die Wohnung an Feriengäste und Touristen vermietet, führt nicht zwangsläufig zur Beeinträchtigung der anderen Mieter. In einem Mehrfamilienhaus sind etwa gelegentlich auftretende Streitigkeiten unter den Bewohnern oder gelegentliches Feiern als sozial adäquat hinzunehmen. Die dagegen eingelegte Revision der Mieter hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Landgericht Berlin die Anforderungen an die Darlegung eines Mangels der Mietsache überspannt hat. Die Einwirkungen, die nach der Darstellung der Mieter durch die Vermietungspraxis der Vermieterin verursacht werden, gehen über die kaum vermeidbare Beeinträchtigung, welche als sozial adäquat hinzunehmen ist, weit hinaus. Da die Minderung kraft Gesetzes eintritt, muss der Mieter nur einen konkreten Sachverhalt vortragen, der den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt. Eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen (Party-Geräusche, Musik, Lärm u.a.) es sich handelt, zu welchen Tageszeiten, Zeitdauer und Frequenz ungefähr auftreten, ist ausreichend. Aus Sicht der Karlsruher Richter sind die Mieter den Anforderungen gerecht geworden. Bei vergleichbaren, sich wiederholenden Beeinträchtigungen ist deshalb die Vorlage eines Protokolls nicht erforderlich.
Kommentar: Die Entscheidung ist zu begrüßen, weil der Bundesgerichtshof klargemacht hat, dass das Mietminderungsrecht des Mieters kraft Gesetzes eintritt und nicht dadurch eingeschränkt werden darf, dass von Mietern überzogene Beschreibungen und Nachweise der Mängel verlangt werden. Weil die Bundesrichter die Führung eines Protokolls lediglich zur Darlegung des Mangels der Mietsache selbst nicht für erforderlich halten, ist für besonnene Mieter nach wie vor Vorsicht geboten. Damit die Höhe der Mietminderung bei etwaigen Auseinandersetzungen nicht zu Problemen führt und leichter dargelegt werden kann, muss nach wie vor angeraten werden, zumindest darüber ein Protokoll zu führen.