Sorgfältige Prüfung des Vermieterbedarfs bei Kündigung
Der Kläger war Mieter einer Wohnung, die der Vermieter 2010 kündigte, da diese für einen neuen Hausmeister benötigt werde. Der Kläger bestritt den Grund der Kündigung.
Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 44/16
Der Kläger war Mieter einer Wohnung, die der Vermieter 2010 kündigte, da diese für einen neuen Hausmeister benötigt werde. Der Kläger bestritt den Grund der Kündigung. Im Räumungsverfahren schlossen die Parteien im Juni 2011 einen Vergleich, in dem sich der Mieter zur Räumung der Wohnung bis spätestens Ende 2011 verpflichtete. Im Anschluss an die Ende Oktober 2011 erfolgte Räumung zog jedoch nicht der Hausmeister, sondern eine Familie in die Wohnung ein. Der Mieter verlangte nunmehr Schadensersatz in Höhe von 25.000 Euro hinsichtlich der Umzugskosten sowie der Mehrbelastungen, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung entstanden seien. Das Landgericht sah es jedoch als erwiesen an, dass der Vermieter bei Ausspruch der Kündigung sowie bis nach dem Auszug des Mieters die Absicht hatte, dem Hausmeister die Wohnung zur Verfügung zu stellen. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung aufgehoben. Gerade in den Fällen, in denen der geltend gemachte Bedarf an der Wohnung nach dem Auszug des Mieters nicht realisiert werde, bestehe eine besondere Darlegungslast des Vermieters zum nachträglichen Wegfall der Gründe. Es bestünde ansonsten der Verdacht, dass der Bedarf nur vorgetäuscht gewesen sei. Daher sei es dem Vermieter zuzumuten, „stimmig“ darzulegen, aus welchem konkreten Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Bedarf nachträglich entfallen sein soll. Es hätte grundsätzlich nahegelegen, dass der Vermieter nach dem Räumungsvergleich alsbald einen Mietvertrag mit dem vorgesehenen Hausmeister abschließen würde. Der Hausmeister habe jedoch erst nach dem Auszug des Mieters festgestellt, dass eine Wohnung im dritten Stockwerk aufgrund seiner Kniebeschwerden ungeeignet sei. Diese Darstellung erscheine wenig plausibel, sodass der Vermieter seiner besonderen Darlegungslast bezüglich des angeblichen Wegfalls des Eigenbedarfs nicht nachgekommen sei.
Kommentar: Es besteht häufig auf Mieterseite der begründete Verdacht, dass ein geltend gemachter Eigenbedarf nur vorgetäuscht wird, um beispielsweise bei einer Neuvermietung eine höhere Miete beziehungsweise bei einer Veräußerung einen höheren Kaufpreis erzielen zu können. Vielfach „entfällt“ sodann nach Räumung der Wohnung dieser „Bedarf“ plötzlich. Hierbei ist es regelmäßig für die ehemaligen Mieter schwierig, den Nachweis eines vorgetäuschten Bedarfs zu führen. Daher hat der Bundesgerichtshof zu Recht nochmals verdeutlicht, dass zum einen auch bei einem Räumungsvergleich die Mieter grundsätzlich bei einem vorgetäuschten Eigenbedarf Schadensersatzansprüche geltend machen können. Zudem haben die Richter betont, dass hohe Anforderungen an die Plausibilität der Gründe für einen angeblichen Wegfall des Eigenbedarfs zu stellen sind.