Familienbegriff bei Eigenbedarfskündigung
Es wird eindeutig klargestellt, welche Verwandtschaftsverhältnisse unter den Familienbegriff im Mietrecht fallen. Es können daher nur enge Familienangehörige, das heißt insbesondere Eltern, Kinder beziehungsweise Geschwister, hiervon profitieren.
Urteil vom 10. Juli 2024 – VIII ZR 276/23
Eine Personengesellschaft hatte eine Wohnung in Berlin erworben und Eigenbedarf für einen der Gesellschafter geltend gemacht. An sich bestand aufgrund der Umwandlung in Wohneigentum eine zehnjährige Kündigungssperrfrist. Die Gesellschaft beruft sich jedoch auf eine Ausnahme der Kündigungssperrfrist, die nicht gelte, soweit die Gesellschafter beim Eigentumserwerb derselben Familie angehörten. Im vorliegenden Fall waren es zwei Cousins, die dem Gesellschafterkreis angehörten. Vor dem Amtsgericht hatte die Gesellschaft keinen Erfolg. Das Landgericht verurteilte die Mieter jedoch zur Räumung. Hiernach würde das Verwandtschaftsverhältnis ausreichen.
Der BGH hingegen revidierte die Entscheidung. Dieselbe Familie im Sinne der Ausnahmeregelung umfasse keine Cousins. Der Familienbegriff müsse hier deutlich enger gefasst werden. Der Begriff „Familie“ sei vielmehr deckungsgleich mit dem der „Familienangehörigen”, der ausschließlich diejenigen Personen umfasst, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen zustehe. Ein entfernterer Verwandter, wie beispielsweise ein Cousin, gehöre nicht zu diesem privilegierten Personenkreis. Voraussetzung für die Privilegierung sei, dass aufgrund enger Verwandtschaft typischerweise ein Verhältnis persönlicher Verbundenheit und gegenseitiger Solidarität bestünde.
Kommentar: Die Entscheidung ist zu begrüßen und wegweisend. Es wird eindeutig klargestellt, welche Verwandtschaftsverhältnisse unter den Familienbegriff im Mietrecht fallen. Es können daher nur enge Familienangehörige, das heißt insbesondere Eltern, Kinder beziehungsweise Geschwister, hiervon profitieren. Auch wenn in einigen Familien Cousinen oder Cousins sich recht eng verbunden fühlen mögen, besteht erkennbar kein sachlicher Grund, den Familienbegriff hinsichtlich der Bedarfspersonen bei einer Eigenbedarfskündigung auszudehnen. Eigenbedarf kann daher lediglich für Angehörige der „Kernfamilie“ geltend gemacht werden.