Eigenmächtige Wohnungsräumung/Haftung des Vermieters
Wird eine Wohnung ohne Räumungstitel von dem Vermieter geräumt, hat er bei den vorgefundenen Gegenständen des Mieters eine Obhutspflicht.
„Nachdem ein Mieter in Wiesbaden mehrere Monate mit unbekanntem Aufenthaltsort abwesend gewesen war, die Miete für zwei Monate nicht gezahlt hatte und von seinen Verwandten als vermisst gemeldet worden war, kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos. Einen Monat später ließ sie die Wohnung öffnen. Dabei hat sie einen Teil der Einrichtung entsorgt und den anderen Teil der vorgefundenen Sachen bei sich eingelagert. Der betroffene Mieter macht nach seiner Rückkehr, gestützt auf ein Sachverständigengutachten, Schadensersatzforderungen von über 60.000 Euro geltend.
Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Wiesbaden haben die Klage des Mieters abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat dem gegenüber festgestellt, dass die Vermieterin für die Folgen der eigenmächtigen Wohnungsräumung zu haften habe. Die eigenmächtige Inbesitznahme der Wohnung und deren Räumung stellten eine unerlaubte Selbsthilfe dar. Dies gelte auch dann, wenn der Aufenthaltsort des Mieters unbekannt und ein Besitzrecht des Mieters an der Wohnung in Folge einer Kündigung entfallen sei. Den Vermieter, der eine Wohnung ohne einen gerichtlichen Räumungstitel in Besitz nehme, treffe für die vorgefundenen Gegenstände eine erhöhte Obhutpflicht. Dazu gehöre die Aufstellung eines Bestandsverzeichnisses und die Feststellung des Wertes der vorgefundenen Sachen. Komme der Vermieter dieser Verpflichtung nicht nach, so müsse er eine Behauptung des Mieters widerlegen, dass die Gegenstände, die bei der Räumung abhanden gekommen oder beschädigt worden seien, einen geringeren Wert hätten als vom Mieter angegeben. Weil dies von den Vorinstanzen übersehen wurde, ist die Sache an das Landgericht Wiesbaden zurückverwiesen worden.
Die vom Bundesgerichtshof bei der sogenannten kalten Wohnungsräumung den Vermietern auferlegte Darlegungs- und Beweislast dürfte sich für die Mieter positiv bei der sehr oft praktizierten unerlaubten Räumung von Keller- und Bodenräumen durch die Vermieter auswirken. Sind doch bisher die berechtigten Schadensersatzforderungen der Mieter überwiegend an der ihnen zu Unrecht auferlegten Darlegungs- und Beweislast gescheitert.“